Einige Anmerkungen zu dem
blühenden Geschäft mit Whisky
Seit nun schon über 20
Jahren bin ich im Whiskygeschäft tätig und
durfte die Entwicklung des Maltwhisky's an
vorderster Front miterleben. Da ich von Anfang
an eine sehr restriktive Einkaufspolitik
verfolgt habe, habe ich nie Produkte gekauft,
welche ich vorher nicht probieren konnte.
Dadurch konnte ich bei den Importeuren schon
relativ früh eine Selektion vornehmen.
In meiner Anfangszeit, den 90er Jahren wurden
meiner Meinung nach einfache Malt-Whiskys in
guter Qualität angeboten. Dazumal gab es vor
allem Classic Malts sowie die ersten
fassstarken Rare Malts. Bereits 10 Jahre
später konnte man bei den einfachen Abfüllern
nicht mehr dieselbe Qualität finden. Damals
erhielt ich vom meinen Importeuren Samples von
Einzelfassabfüllungen, vorwiegend von
unabhängigen Abfüllern. Auf diesem Weg fand
ich etliche bemerkenswerte Fässer, was meine
Kundschaft sehr freute und natürlich auch
schätzte. Einige Anbieter führten noch lange
qualitativ hochstehende Fässer an Lager und so
konnten wir Händler mit suchen und degustieren
immer wieder schöne Abfüllungen finden.
Heutzutage ist es vergleichsweise eine
Ausnahme, solch hochwertige Fässer zu finden.
Selbstverständlich sind immer noch sehr viele
Einzelfassabfüllungen im Handel erhältlich,
die Frage ist nur, welche?
Bedauerlicherweise gibt es mittlerweile viele
unabhängige Abfüller mit ziemlich schlechten
Produkten, welche sich noch einen Teil des
Kuchens abschneiden wollen. Dabei stellt sich
natürlich die Frage, ob man mit solchen
Produkten die echten Whiskykenner noch
überzeugen kann. Ich denke, dass solche
Abfüllungen nicht sehr lange existieren
werden, es sei denn ein Händler kauft solche
einfachen Whiskys, ohne sich für dessen
Qualität zu interessieren und schmeisst diese
zu Billigstpreisen auf den Markt.
Gelegentlich habe ich auch unsere Schweizer
Whiskys probiert. Darunter befinden sich
einige interessante Produkte. Das
Qualitätsdenken in unserem Land ist bei vielen
Produzenten hoch und ich bin überzeugt, dass
sie mit dem richtigen Fass Management, mit der
weltweiten Konkurrenz problemlos mithalten
können.
Die schottischen Destillerien haben sich
laufend der mittlerweile weltweiten Nachfrage
angepasst. Da die meisten zu Konzernen gehören
und auch an der Börse gehandelt werden, ist
die Qualität leider nicht mehr das höchste
Ziel. Seit dem Jahr 2000 wurden laufend neue,
zum Teil sehr grosse Destillerien gebaut und
in Betrieb genommen um dem immer grösser
werdenden Trend gerecht zu werden. Zudem
wurden verschiedene neue Gerstensorten mit
mehr Zuckergehalt für die Produktion
verwendet, was nicht immer zu einer besseren
Qualität beigetragen hat.
Der neuste Trend führt nun dahin, dass viele
no age statement Whiskys angeboten werden, da
der Bestand der älteren Jahrgängen langsam zur
Neige geht. Wenn man sehr junge Whiskys mit
einem schönen Namen und einer perfekten
Designerverpackung auf den Markt bringt, steht
meiner Meinung nach der Kommerz an erster
Stelle und nicht mehr die Qualität des
Produktes. Nicht zu vergessen ist der Umstand,
dass der Markt mittlerweile viele Einsteiger
ins Boot holt, welche sich noch nicht lange
mit Whisky beschäftigen. Darunter befinden
sich leider auch solche, die sich aus rein
spekulativen Gründen und nicht des Genusses
wegen für Whiskys interessieren. Auch kommen
vermehrt Grainwhiskys sowie Pure Malt-Whiskys
mit Fantasienamen auf den Markt. Ich bin mir
jedoch nicht sicher, ob der Markt diesen
Umstand weiterhin so aufnimmt. Dies zeigt uns
das Beispiel der Islay Whiskys, bei welchen
die Preise immer weiter in die Höhe gehen, was
dazu führt, dass das Preis-
Leistung Verhältnis in keinem Verhältnis mehr
steht.
Mit zum Teil wirklich interessanten
Abfüllungen macht sich neuerdings auch Amerika
bemerkbar. Vor
allem der Rye Whisky wird wieder salonfähig.
Auch hier gibt oder besser gesagt gab es
Engpässe des edlen Destillats da vorwiegend
junge Whiskys auf dem Markt waren und so die
älteren Abfüllungen bereits stolze Preise
erzielten. Den Umstand, dass in den USA
mittlerweile Mikrodestillerien wie Pilze
aus dem Boden schiessen, sollte man ebenfalls
nicht ausser Acht lassen.
Über Japan kann und möchte ich nicht viel
schreiben. Einerseits habe ich nur wenige
Abfüllungen probiert und andererseits kann ich
die Bewertungen von Jim Murray's Bible nicht
immer unterstreichen. Schleierhaft ist mir vor
allem wie Japan mit einer, wie ich meine
mittelmässigen Abfüllung einen derartigen Run
auslösen konnte, welcher den Whiskyvorrat in
Japan derart stark schmelzen liess. Für
die Händler ein hervorragendes Geschäft.
Nun stellt sich die Frage, wie es mit den
Whiskys weitergehen wird. Eine Frage, die mich
natürlich brennend interessiert. Dabei habe
ich das Buch von Peter Hoffmann studiert und
festgestellt, dass bis zum Jahr 2020in
Schottland, Irland und England bis zu 20 neue
Destillerien die Produktion aufnehmen werden.
An dieser Stelle ein grosses Kompliment an
dich, Peter für dein gelungenes Werk.
Ich denke, dass in Zukunft mit dem Whisky
dasselbe passieren wird, wie vor ca.25 Jahren
mit dem Wein. Nämlich eine starke
Überproduktion. Nicht ausser acht werden
gelassen darf die Frage, was in den nächsten
Jahren mit der Wirtschaft passiert, ob alles
so weiterläuft wie vor 20 Jahren und wer in
Zukunft all die Whiskys konsumieren wird. Ich
bin überzeugt, dass bei vielen Leuten, welche
den Whisky nur sammeln und nicht trinken, das
Platzangebot mit der Zeit rar wird. Was
geschieht, wenn der sogenannte „Spekulant“
jede noch so neue Abfüllung als Limited
Edition verkauft und diese direkt auf eine
Auktionsplattform stellt?
Nun, das sind Fragen über Fragen, auf die wir
momentan noch keine Antworten bekommen. Ich
persönlich bin der Meinung, dass die
Produzenten aus den 80er Jahren etwas
gelernt haben müssten. Während dieser Zeit
wurden viele Destillerien stillgelegt und in
Büros oder Wohnungen umgewandelt, weil nebst
der Rezession einfach zu viele Whiskys den
Markt überschwemmt haben. Nicht zu vergessen
ist die Tatsache, dass die alten Destillerien
viel weniger Kosten zu tragen haben um die
bestehende Infrastruktur zu unterhalten, da
die Anlagen meist amortisiert sind. Die
„Neuen“ müssen mit Bankzinsen, Amortisation
und vielem mehr rechnen, demzufolge entstehen
auch viel höhere Kosten. Doch wie können diese
Kosten der neuen Destillerien getilgt werden?
Welche Mengen müssen produziert und verkauft
werden um einen einigermassen guten Gewinn zu
erwirtschaften? Welche Preise kann man noch
erzielen, wenn in den Discount Läden immer
mehr Abfüllungen auftauchen? Und vor allem, wo
kann man diese Produkte sonst noch anbieten?
Der Fachhändler freut sich sicher, wenn er
plötzlich zum Wasserträger der Grossen wird
und nichts mehr verdienen kann!
Soweit meine Sicht des Whisky Geschäfts. Ich
bin mir sicher, dass der Fachhandel nur mit
viel Engagement, Wissen und kompetenter
Beratung die interessierten Whiskygeniesser
bei Laune halten kann. Denn nur so bleibt der
Fachhändler auch in Zukunft interessant und
kann sich weiterhin am grossen
Whiskykuchen beteiligen.
Geschrieben
für den Whisky Guide im
Dezember 2016, von Markus
Thöni